Tor des Monats Februar
von Markus Berger
Doktorspiele
Na und? Die einen sammeln Vornamen als gäb's kein Morgen, die anderen
halt Titel. Und haben wir uns nicht alle schon in frühester Jugend
(also mit Mitte Dreißig) bei schlampigen Doktorspielen schwerer
handwerklicher Fehler sowie des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht? Gut,
auch wir mussten für so manchen wissenschaftlichen Dienst teuer
bezahlen. Denn manchmal stellte sich erst Jahre später raus, dass die
dabei gewonnenen Erkenntnisse auf falschen Tatsachen beruhten und
heimlich ein enger Kontakt zu fremden Informanten/innen bestand - trotz
aller Beteuerungen, derartige Vorwürfe seien abstrus. Die Folgen:
Scheidung, Namenswechsel, Pressekonferenz vor treuen Gebliebenen.
Zugegeben, vielleicht ist untenrum mal was durcheinander geraten, und
man ist morgens plötzlich in einem fremden Schlüpfer aufgewacht. Aber
bei der Mehrfachbelastung von Politik, Familie und Forschung kann man
zwischen Kopf- und Fußnoten, eigener und staatlicher Verfassung schon
mal durcheinander kommen! Und der eigenen Unterschrift traut man selbst
doch schon lange nicht mehr!
Mutti sagt, solange wir immer schön
aufessen, sei es ihr egal, ob wir nebenbei Kinderschänder oder Doktor
der Abschreibung sind - sie sei trotzdem stolz auf uns, das verkommene
Luder. Vorausgesetzt, wir stecken sie nicht mit den gefährlichen
Promo-Viren an, von denen bleibt nämlich immer irgendwas hängen. Und
dann muss man wieder drauf hoffen, dass auf Facebook eine Seite mit über
10.000 Fans zur Ehrenrettung (!) auftaucht, die einem dann bestätigen,
zwar ein Sauhund zu sein, aber dennoch und gerade deshalb ganz in
Ordnung. Who the fuck is Käßmann? Hauptsache, die eigene Sehnsucht nach
einer heilen Welt bekommt keine Risse.
Uns soll's rechtsbeugend
sein. Schließlich hat man in einem Land, in dem ein Steuerhinterzieher
Finanzminister werden kann, längst mehr abgeschrieben, als das bisschen
Anstand und Moral.
Summa cum klaude halt. Wir sehen uns - vor dem jüngsten Gericht!